Die Neptun Grotte
Einleitung
Im Inneren der Kalkgesteinmasse von Capo Caccia, zur Seeseite hin, die am stärksten von der heftigen Brandung bearbeitet wird, befindet sich eine wahre Perle der Natur, ein geologisches Wunder, das erstaunt, fasziniert und einen unauslöschlichen Eindruck bei denen hinterläßt, die die Gelegenheit haben, es zu besuchen.
Dies ist die Neptun-Grotte, die jedes Jahr mehr als 150.000 Besucher verschiedener Nationalitäten nach Alghero lockt, angezogen von einer Szenerie von unvergleichlicher Schönheit, mit ihren ungewoehnlichen Tropfsteinfomationen und einenm See im Inneren, und von ihrer großen historischen Resonanz.
Es handelt sich um eine Grotte von großen Ausmaßen (insgesamt 2500 Meter Länge), mit zahlreichen Sälen, weiträumigen Tunneln, durchsichtigen Seen, tiefen Abgründen, engen Stollen, wodurch sie sehr komplex und abwechslungsreich wirkt.
In ihrem Inneren birgt sie eine Reihe von Besonderheiten ohnegleichen, die sie zu einer der interessantesten und wertvollsten Hoehlen des ganzen Mittelmeerraumes machen.
Geologisch besteht Capo Caccia aus kalkhaltigen Felsen aus der Kreidezeit, also aus der Periode zwischen 135 und 65 Millionen Jahren vor unserer Zeit.Der Weg zur Grotte
Von der Stadt Alghero aus ist die Neptun-Grotte auf zwei ganz verschiedenen Wegen zu erreichen. Über den Seeweg, auf Booten mit Abfahrt vom Hafen, die auf einer etwa einstuendigen Fahrt es ermoeglichen, die wunderbare Riviera del Corallo zu bewundern, entlang der Steilküste von Capo Galera und Punta Giglio, die Landzunge von Capo Caccia umschiffend und mit Ausstieg direkt am Eingang der Höhle; dieser liegt am Fuße eines sehr hohen Steilfelsens, in einer faszinierenden Meereslandschaft, die von der kleinen Insel Foradada geprägt wird.
Auf den Landweg kommt man nach einer Strecke von 24 Kilometern zum Capo Caccia, einem aussergewoehnlichen Aussichtspunkt auf eines der schoensten Kuestengebiete Sardiniens, von wo aus der Blick sich zur zauberhaften Bucht von Porto Conte weitet, auf die Stadt Alghero und weiter suedlich bis zur Kuestenlinie von Bosa.
Vom Platz oberhalb des Capo Caccia steigt man auf der westlichen Seite ueber die Escala del Cabirol (Cabirol Treppe) hinab, die 1954 auf dem luftigen und steilen Absturz erbaut wurde und ueber einen Hoehenunterschied von 110 Metern zum Hoehleneingang fuehrt.Die Grotte
Der fuer Touristen zugaengliche Teil fuehrt zu Beginn des Rundganges zu einem grossen Saal, der mit Wegen und Treppen ausgestattet ist.
Die Strecke entfaltet sich entlang eines wunderschoenen Salzsees mit ungewoehnlichen klarem Wasser und dann in den tiefer gelegenen Teil, der reich mit Tropfsteinformationen dekoriert ist, ueber einen Weg von mehr als 200 Metern Laenge.
Touristisch steht die Grotte unter der Leitung des Fremdenverkehrsamtes von Alghero, das einen Service mit Fuehrungen eingerichtet hat.
Der weitraeumige Eingangsbereich der Grotte, wo die Boote mit ihren Passagieren anlegen, muendet in ein Vestibuel, das die Besucher aufnimmt, bevor sie in das Innere der Grotte aufbrechen.
Ersten Sichtkontakt hat der Besucher mit dem Meerwasser - See von Lamarmora, der einen großen Teil der Eingangshalle einimmt.
Der Blick gleitet entlang der Raeder des Sees und ueber den ersten Abschnitt der Hoehle, deren Waende teils vom Tageslicht erhellt werden und in ein einzigartiges Blau – Gruen getaucht sind, das von Pflanzenverkrustungen erzeugt wird.
Die Neugier und Aufmerksamkeit werden vom kuriosen und monumentalen Stalagmiten Acquasantiera (Weihwasserbecken) angezogen, der einige Meter hoch ist und sich mitten im Vestibuel erhebt, gegen den Rand des Sees hin, der von zahlreichen Dichtern, Schriftstellern und Geographen bereits im 19. Jahrhundert beschrieben und besungen wurde.
Von den ewigen Tropfen ausgehoelt, weist der Stalagmit am oberen Ende einige kleine Becken auf, in denen sich das wohl einzige Suesswasser der ganzen Umgebung sammelt und wo die Voegel, die an Steilfelsen von Capo Caccia leben, ihren Durst loeschen und nisten.
Der touristische Rundgang beginnt mit einer Treppe an der linken Seite des Vestibuels, wo der Besucher das Tageslicht verlaesst und sich in das Innere begibt: Hier hat die Finsternis ueber Jahrtausende unvergleichliche Schoenheiten verborgen gehalten. Nach einem kurzen Abstieg bildet die so genannte Sala delle Rovine (Ruinensaal) die erste Etappe, welche von grossen Stalaktiten geschmueckt wird und von wo aus noch schwach das Tageslicht zu sehen ist, das den Waenden eine leicht blaeuliche Faerbung verleiht.
An den Ruinensaal schliesst sich nach einem weiteren Abstieg der Lamarmora – See an, der hier nicht sonderlich tief scheint und zur Linken liegt.
Es ist die Anwesenheit des vollkommen klaren Wassers mit seiner ruhigen Oberflaeche, die einen besonderen Reiz erzeugt und dem Ganzen eine magische Atmosphaere gibt.
An den Tagen, an denen das Meer besonders aufgewuehlt ist, kann man den Kontrast zwischen dem Tosen der Wellen und der Ruhe des Sees im Inneren noch besser geniessen.
Auf diese Weise erreicht man die Reggia, wo die Natur die auffaeligste Kulisse der Hoehle geschaffen hat, die auf den Besucher grossen Eindruck macht.
In der Mitte des Sees, rechts, kann man grosse Kalksaelen beobachten, die sich im klaren und ruhigen Wasser spiegeln und sich 9 Meter hoch bis zur Decke erheben, fast als wuerden sie sie tragen.
Sofort danach wird das Gewoelbe von einem grossen Riss durchzogen und reicht bis zu einer Hoehe von 18 Metern, dem hoechsten Punkt des fuer Touristen zugaenglichen Teils.
Die grosse Wand am Hintergrund vervollstaendigt die Kulisse mit Tropfsteingebilden in Form von Orgelpfeifen, Kalkgirlanden und einer charakteristischen Stalagmitenformation, die Albero di Natale (Weihnachtsbaum) genannt wird und sich in dem Teil der Szenerie befindet, der am weitesten entfernt ist.
Gerade hier endet der Lamarmora – See mit einem sandigen Ufer, das unterhalb des Pfades zu sehen ist und eine helle Farbe hat, die je nach Gezeitenniveau mehr oder weniger sichtbar wird.
Das Ufer wurde in alter Zeit Spiaggia dei Ciottolini (Kiesselstrand) genannt, weil der Untergrund ganz aus Steinchen bestand, von denen heute jedoch, wohl wegen der Erosion, keine Spur mehr vorhanden ist.
Hier an diesem kleinen Strand legten frueher, nachdem sie den ganzen See ueberquert hatten, die kleinen Boote mit den Passagieren an, unter den flackernden Licht, das die Hoehle kaum beleuchtete. Und hier warteten die Besucher darauf, uebergesetzt zu werden und ans Tageslicht zurueckzukehren.
Die magische Ruhe der Reggia wird kaum durch das schwache Plaetschern des Sees gestoert, waehrend man, wenn man Richtung Ausgang schaut, das merkwuerdige blaeuliche Leuchten erkennen kann, das vom Eingang her einddringt, und das einen eigenartigen Farbeffekt hervorruft.
Von der Reggia aus steigt man eine Treppe empor und entfernt sich vom See, um noch einen Ueberblick ueber den zuvor gesehenen Teil zu gewinnen.
Die anschliessende Etappe ist die Sala Smith (Smith – Saal), dessen Name von einem englischen Kapitaen stammt, der Anfang des 19. Jahrhunderts zu den ersten Entdeckern der Grotte gehoerte.
Der Saal ist kein eigenstaendiger Abschnitt, sondern muss als Fortsetzung des zuvor gesehenen Raumes betrachtet werden.
In der Mitte dieses Saales erhebt sich majestaetisch der sogenannte Grande Organo (Grosse Orgel), ein riesiger und beeindruckender Pfeiler mit Tropfsteingebilden, die wie Orgelpfeifen aussehen und mit einer Breite von 12 x 4 Metern und einer Hoehe von 11 Metern die groesste Formation der ganzen Hoehle ist.
Der Betrachter ist von der Grossartigkeit dieser Formation hingerissen und verbluefft bei dem Gedanken, wie viele Jahrtausende seit dem ersten Tropfen in grauer Vorzeit vergangen sein muessen, um ein Schoepfungswerk dieser Art zu vollbringen.
Anschliesend gelangt man zur Cupola (Kuppel), die aus einer einzigartigen Stalagmitenformation mit Pfeiler hinaufreicht zu dem, was die rege Phantasie des Besuchers an die Kuppel einer Kathedrale erinnert.
In der naehe weist der Boden grosse stalagmitische Becken auf, die heute ausgetrocknet sind, aber frueher vor Wasser ueberliefen und wohl ein aussergewoehnliches Spektakel boten mit den gurgelnden Kaskaden, die zum Lamarmora–See hinflossen. Rund herum befinden sich weitere Stalagmitengebilde.
Vor der Kuppel teilen sich zur Rechten die Wege, die den Zugang zu den innersten Teilen der Hoehle eroeffnen, die aber fuer Besuche nicht ausgestattet und daher nicht zugaenglich sind.
Geht man weiter, so beschreibt der Weg eine Linkskurve und fuehrt mit leichtem Anstieg weiter, entlang der Wand des Smith – Saales.
In diesem Teil wird die Decke niedriger und man kann aus der Naehe unzaehlige Stalaktiten bewundern. Zahlreiche kleine Pfeiler schmuecken den Raum, der Sala delle Trine e dei Merletti (Saal der Spitzen) genannt wird, und in dem sich viele Nischen und natuerliche Boegen finden.
Von hier greift der Blick weiter aus und der Besucher kann die grosse Orgel aus einem anderen und breiteren Blickwinkel bewundern.
Den Abschluss des Rundganges bildet die sogenannte Tribuna della Musica (Musiktribuene), einer art Balkon, von dem der Blick auf den Palast und den Lamarmora – See von oben frei wird.
Der Name leitet sich von einem kleinen Orchester her, das bei besonderen Anlaessen hier Platz nahm und den Besuchern erlaubte, auf den kleinen Strand ein Taenzchen zu wagen.
Das akustische Ergebnis muss in einer solchen Szenerie aussreordentlich gewesen sein.
Von der erhobenen Position der Musiktribuene aus kann man zum Aaschluss der Bsesichtigung den Blick wunderbar ueber den See und einen grossen Teil der Grotte schweifen lassen.
Die Besucher werden auf demselben Weg zurueckgefuehrt und gelangen zum Ausgang der Grotte, von wo aus jene, die ueber das Meer gekommen sind, wieder auf dem Boot Platz nehmen koennen, waehrend diejenigen, die den Landweg genommen haben, ueber die Escala del Cabirol (Cabirol – Treppe) wieder hinaufsteigen.Der Lamormara – See
Der Lamarmora – See bedeckt den ganzen Eingangsbereich dre Grotte und gilt mit seiner Laenge von mehr als 100 Metern als einer der groessten Salzseen Europas.
Vom Meer gebildet, das ueber einen Syphon unterhalb des Einganges eindringt, ist sein Wasser sehr transparent, und auf ihm spiegeln sind zahlreiche Kalkgebilde, mit denen die Waende und die Decken geschmueckt sind.
Wenn das Meer mit hohen Flutwellen auf die Felsen brandet, dringt Wasser mit Gewalt in das Innere der Hoehle, wobei das ganze Atrium am Eingang von riesigen Wassermassen mit viel Getoese ueberflutet wird. Schade nur, dass es unter solchen Bedingungen nicht moeglich ist, in die Hoehle zu gelangen oder sich in ihrem Inneren aufzuhalten, denn man koennte dabei ein wircklich einzigartiges Naturschauspiel geniessen.
Die Verbindung mit dem Meer sorgt dafuer, dass das Wasser nicht ganz unbeweglich ist, sondern die Bewegung draussen spueren laesst und so leichter Wellengang erhalten bleibt.
Der Lamormara – See ist mit einem kleinen Boot mit wenig Tiefgang oder einem Schlauchboot ganz bis zum abschliessenden kleinen Strand befahrbar.
Und auf diesem Weg ueber das Wasser wurden in der Vergangenheit die Besuche durchgefuehrt.
Der erste Teil des Sees ist der tiefste, wobei 8-9 Meter an der Verbindungstelle mit dem Meer erreicht werden.
Nach 50 Metern schafft eine kleine Insel einen Engpass, hinter dem sich der See wieder bis auf 25 Meter an der breitesten Stelle weitet, waehrend das Wasser sehr flach wird, sodass man darin waten kann.
Laesst man die zahlreichen kleinen Klippen aus Stalagitischen Formen hinter sich, erreicht man den Pfeiler des Palastes, der vom Wasser aus wegen der Reflexe, die sich um ihn bilden, noch beindruckender aussieht.Schliesslich legt man am Ziel der kurzen Ueberfahrtauf den kleinen Strand an.
Man wuerde vielleicht meinen, dass in dem dunklen Wasser des Sees keine Form von Leben ueberdauern kann, doch in Wirklichkeit findet man eine Art von Fauna, die sich den Umweltbedingungen angepasst hat und die von der Gegenwart der Besucher nicht gestoert zu sein scheint.
Man kann demnach muehelos Krabben, Seesterne, Seeigel, Seegurken den einen oder anderen Seeaal sowie diverse Bauchfuessler beobachten.
Und durch dieses durchsichtige Wasser schnellte frueher die Moenchsrobbe, die heute leider von hier verschwunden ist, um in ruhigeren Gewaessern des Mittelmeers Zuflucht zu suchen.Als der Wasserstand des Meerses höher war
Der Besucher der Reggia kann einen Augenblick innehalten und eine absolut horinzontale schwarze Linie betrachten, die sich auf der gegenueberliegenden Seite des Sees in etwa 4 Metern Hoehe abzeichnet.
Waehrend den verschiedenen Phasen der Eis und Zwischeneiszeiten, von denen die Erde in der Vergangenheit betroffen war, unterlag das Meer beachtlichen Schwankungen, indem es sich in kaelteren Zeiten zurueckzog und in Waermeperioden aufgrund der Glaetscheschmelze anstieg.
Vor etwa 125.000 Jahren, genau waehrend einer klimatischen Zwischenzeit, die Eutyrrenium genannt wird, hat sich der Wasserspiegel fuer eine gewisse Zeit auf 4 Metern ueber den heutigen Stand stabilisiert.
Und der Beweis fuer diesen Anstieg ist eben diese schwarze Linie, die noch nach Jahrtausenden an den Waenden der Reggia zu beobachten ist.
Waehrend die Spuren an den Felswaenden aussen fast ganz durch die Einwirkung der Erosion getilgt wurden, hat die Neptun – Grotte dagegen in ihrem Inneren eifersuechtig dieses ausserordentliche Zeugnis einer frueheren Zeit bewahrt.Die Bedeutung der Grotte wird so noch gesteigert, da sie dem Forscher Daten und Zeugnisse vermittelt, die ihm helfen, die klimatischen Variationen zu rekonstruieren, welche in einer fernen Vergangenheit unser Gebiet betroffen haben.
Wenn sich der aufmerksame Besucher genau umschaut, so kann er feststellen, dass die besagte schwarze Linie alle Waende rund um den See miteinbezieht und auch auf den Tropfsteinpfeilern und – gebilden und den groesseren Stalaktiten zu sehen ist, wodurch bewiesen wird, dass diese Formationen zu jener Zeit schon bestanden hatten.
Und einen Schauer ueberkommt denjenigen, der in der Zeit zurueckgeht und entdeckt, dass dieser eindrucksvolle Pfeiler und die grossen Tropfsteingebilde schon laengst hier in all ihrer Schoenheit standen, so wie wir sie heute betrachten, als dei grossen Denkmaeler der Antike, von den Pyramiden Aegyptens bis zu den Nuraghen, von den Mauern Babylons bis zum Kolosseum, noch nicht existierten.
Die Werke des Menschen, auch in den bedeutendsten Ausdruecken seiner Kunst, halten den Vergleich mit den Meisterwerken der Natur nicht aus, die aus fernen Epochen der Erdgeschichte herstammen.
Die schwarze Wasserlinie, die auch in anderen inneren Teilen der Hoehle sichtbar ist, laesst uns erahnen, dass der See in jener Zeit sehr viel grosser als heute war und dass ein grosser Teil des Eingangsbereiches unter Wasser lag.Die Formationen
Die Schönheit und die bezaubernden Eindruecke der Neptun – Grotte ruehren von den Tropfsteingebilden her, das heisst von den Kalkformationen, mit denen Waende und Decken der Hoehle geschmueckt sind, nachdem die Natur sie mit ihrem unaufhoerlichen Troepfeln ueber Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg geschaffen hat. Was aber das Phaenomen, das diese Gebilde verursacht hat?
Es ist das Regenwasser, das in die Spalten und Risse des Kalkgesteins eindringt und langsam das Kalziumkarbonat, woraus es besteht, aufloest, wobei kleine Hoehlen werden, wie wir sie heute sehen.
Und es ist dasselbe Wasser, das reich an vorher gelösten Kalziumkarbonat wieder absetzt, wobei Gebilde entstehen, die verschiedene Farbschattierungen annehmen können.
An diesem Punkt läßt die Natur sich selbst freien Lauf und schafft Stalakiten, Stalagmiten, Pfeiler, Bassins von unterschliedlichster Form und Größe. Es ist anschliessend die Phantasie des Besuchers, die aufgrund der Suggestivkraft des Ortes Aehnlichkeiten zu den unterschiedlichsten Dingen erfaßt.
Und so erscheinen ploetzlich wie durch Zauberhand Monumente, Statuen, Bäume, Tiere, menschliche Figuren, mit denen diese unterirdische Welt bevoelkert zu sein scheint.
Die Bildung der einzelnen Formation erfolgt sehr langsam und erfordert viel Zeit, doch lässt sich nicht genau sagen, wieviel, denn es kommt dabei auf viele Faktoren an.
Die Entstehung eines Stalaktiten braucht etliche Jahre und ein großer Pfeiler oder ein anderes Gebilde benötigt, Jahrhunderte oder gar Jahrtausende.
Einen Stalaktiten zu zerbrechen bedeutet daher, die geduldige Arbeit der Zeit in nicht wieder gutzumachender Weise zu zerstören.
Aber sogar die Berührung der Gebilde mit den Händen könnte deren Anwachsen gefährden oder zumindest verändern.
Es ist daher eine gute Regel, sich darauf zu beschränken, diese Schönheiten der natur zu bewundern, ohne sie zu zerstören, und sogar die Berührung zu vermeidenBizarre Formen und Kristalle: eine kleine verzauberte Welt
Es gibt in der Neptun – Grotte Winkel, wo sich die Natur damit vergnügt hat, ganz empfindliche Gebilde von außergewöhnlicher Schönheit zu schaffen.
Es ist dies wirklich eine kleine Zauberwelt, in der man bizarre Formen und Kristalle bewundern kann, die der Höhle ihre ganz besondere Eigenart geben.
Exzentrizitäten nennt man die faszinierenden und seltenen Gebilde, die aus feinen Kalkfäden entstehen, sich in alle Richtungen verzweigen, sich umeinander winden und drehen, wobei hauchdünne Knoten entstehen, die bisweilen ganz zart und durchsichtig sind.
Man verharrt vor diesen Schnörkeln stumm vor Verblüffung und das Staunen steigert sich noch, wenn man das von den Lampen erzeugte Licht – und Schattenspiel beobachtet.
Im Inneren kleiner Wasserbassins, die mit Kalziumkarbonat übersättigt sind, kommt es dagegen zum langsamen Anwachsen von Kalkspatkristallen, aus denen einzigartige Formen von besonderer Schönheit entstehen.
Man findet feine durchsichtige Nadeln und richtige Zusammenballungen von Makrokristallen mit tausend Facetten und Farbtönen, die von Weiß bis Gelb und Orange reichen, und in denen sich das Licht in einem magischen Schimmern bricht.Ein Blick in die Geschichte
Die Verwirklichung der touristischen Erschließung erfolgte nach dem Jahr 1954 mit der Eröffnung der Höhle für die Öffentlichkeit und ihrer Beleuchtung. In jenem Jahr wurde die Escala del Cabirol ( Cabirol – Treppe ) erbaut, die endlich den Zugang vom Land aus ermöglichte.
Seit mindestens 150 Jahren wurde der Besuch der Grotte ausschließlich mit Booten durchgeführt, und das auch nur im Sommer und oft genug mit ungewissem Ausgang wegen der wechselhaften Bedingungen des Meeres.
Die ersten historischen Belege, die sich auf die Neptun – Grotte beziehen, datieren vom Ende des 18. Jahrhunderts und seit jener Zeit beschäftigten sich zahlreiche Autoren mit ihr, besangen ihre Schönheit, verglichen sie mit anderen Höhlen in Europa und hielten diese für die schönste.
Vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lockte sie mit ihrem wachsenden Ruhm bekannte Besucher an, darunter Könige und Fürsten, die diese außergewöhnliche Grotte mit ihrer Anwesenheit beehrten.
An erster Stelle sei an Carlo Alberto von Savoyen erinnert, der die Höhle drei Mal besuchte, zunächst 1829 in seiner Eigenschaft als Prinz von Carignano und später als Koenig von Sardinien 1841 und 1843.
Der heutige Besucher kann einen Sprung zurück in die Zeit machen und jene Momente historischer Bedeutung nachempfinden, wenn er die beiden Gedenksteine betrachtet, die nahe dem Anlegeplatz des Lamarmora – Sees an den Wänden der Reggia in Erinnerung an den zwiefachen Besuch von Koenig Carlo Alberto angebracht wurden.
Wir verweisen außerdem, unter den berühmten Gästen, auf Captain Henry Smith, der den ersten Plan des Anfangabschnittes der Höhle angelegt hat, auf den Herzog von Buckingham, auf den großen Geographen Sardiniens Alberto Lamarmora, auf den Baron von Maltzen, auf den aus Sassari stammenden Schriftsteller Enrico Costa, der der Grotte ein ganzes Buch widmete, und auf viele andere, deren Aufzählung hier nicht möglich ist und die sich in zahlreichen Schriften voller Begeisterung über diese einzigartige Höhle äußerten.
Der Besuch der sogenannten Neptun – Grotte wurde im 19. Jahrhundert zur Sommerzeit auf Barken organisiert; es nahm eine große Zahl von Menschen daran Teil, die sich zu nächtlicher Stunde in Alghero einschifften.
Hatte man die Grotte erreicht, so stieg man im Eingangsbereich aus und bestieg auf dem See ein kleines Boot, das zum Transport der Besucher diente.
So überquerten die Besucher den Lamarmora – See in seiner ganzen Länge bis zum kleinen Strand, von dem aus sie sich dann über den steilen Anstieg in den oberen Saal begaben.
Die Beleuchtung erfolgte zu jener Zeit mit Tausenden von Kerzen, die vor der Ankunft der Gäste von den Seeleuten aufgestellt und angezündet wurden.
Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, welche Magie von den flackernden Flammen und ihrem Licht – und Schattenspiel ausging, das die Phantasie der Besucher anregte mit den Reflexen, die sich auf den Wellen des klaren Seewasser brachen.
Text: Mauro Mucedda© 2010 www.portoconte.it